Umzug!

Das neue Blog ist unter http://www.yanndiehl.de/ zu erreichen.

Der ewige K(r)ampf

Es ist traurig. Selbst mit dieser einfachen Seite ist der Internetexplorer, obwohl Produkt einer Firma, die es eigentlich besser wissen sollte, überfordert. Schade für alle, die ihn immernoch benutzen.

Meine Empfehlungen:



  

Nachtleben (2)

Entscheide mich gestern abend dazu, den Mieter kurz aufzusuchen. Ein paar kleine Unterhaltungen hie und da über Dieses und Jenes finden statt und kurz bevor ich wieder hochgehe, um noch etwas zu essen zu machen, hält mich der Mieter auf und fragt mich, ob ich es schon gesehen habe. "Was gesehen?" forsche ich nach, woraufhin er mir antwortet, der Jägerhochsitz sei verschwunden.


Der traditionelle Blogleser errinnert sich mit Sicherheit, dass der Hochsitz erst vor kurzem wie aus dem Nichts aufgetaucht ist und nun offensichtlich genauso wieder verschwunden ist. Es passieren Dinge in M., die sind mir nicht geheuer. Normalerweise kämpft so ein Ding mindestens 1000 Jahre gegen Wind, Wetter, Mensch und Tier.

Einige Minuten starren wir noch ungläubig auf die gegenüberliegende Seite des Tals, um dann in quälender Ungewissheit selbst von der Nacht verschluckt zu werden.

PS: Der Beitrag von heute ließ ein wenig auf sich warten, da ich noch ein Foto vom nebelverhangenen Wildschweinland machen wollte.

Ohne Worte (5): Richtungweisend

Entdeckt in D.

Graffiti

Bleischwer liegt die Nacht über M., als ich heute durch die Bach- und Rosenstraße den Weg nach Hause antrete. Auf der Treppe, die die Rosen- mit der Tulpenstraße verbindet, übergehe ich im Wortsinn fast ein neues Dorffeature, dass mich sogleich in Staunen und Nachdenken versetzt.


Der Künstler hat also auf jeden Fall etwas mit seinem Schriftzug "Nik = schüchtern" erreicht. Bisweilen zermatere ich mir noch immer das Hirn, was die eigentliche Aussage des Künstlers ist. 
Zunächst dachte ich, der Schriftzug lautete "Nik = Schwein", was einen Sinn ergeben und die lieblose grafische Gestaltung des Satzes erklärt hätte, bei näherer Betrachtung erkannte ich dann allerdings den exakten Wortlaut.

Mittlerweile gehe ich von einem Liebesdrama aus, ein verschüchterter Jüngling versäumt es wieder und wieder, den eindeutigen Zweideutigkeiten seiner (nicht) umworbenen Herzensdame die erwarteten Reaktionen entgegenzubringen.

Theorien und Erklärungsversuche in den Kommentaren sind erwünscht. 

Metzgerblog (1)

Seit geraumer Zeit gibt es einen Zusatz zur Zeitung den ich nicht mehr missen möchte. Eine Metzgerei aus einem Nachbarort hat eine Marktlücke für sich entdeckt, die sie gut zu füllen weiß.


So gibt es in D., wahrscheinlich aus finanziellen Gründen, kein Dorfblättchen, wie es für ein Dorf, das etwas auf sich hält, hier im Allgemeinen üblich ist. Die Bewohner haben für Kleinanzeigen, Terminabsprachen und -veröffentlichungen einfach nicht die nötige Basis.

Die Metzgerei dagegen druckt wöchentlich und dreifarbig auf einer Din-A4-Seite ihr aktuellstes Angebot ab. Schon bald merkte man, dass man so nahezu jeden Haushalt, selbst über die eigenen Dorfgrenzen hinaus, erreicht. Bis nach M. dringt das aktuelle Angebot und eifrig lese ich zwischen den Angeboten die Gedichte, Danksagungen für die Glückwünsche zur Konfirmation oder zum 80. Geburtstag und allerlei Anzeigen bezüglich des Verkaufs von Wassertanks und/oder gemeinsame Abfahrtszeiten zu Veranstaltungen in der näheren Umgebung.

Wenn man so will, ist ein Printblog entstanden, das nun auch ins Internet gelangt.

Den Anfang macht das heutige, druckfrische Blatt. Derzeit baut die Metzgerei auf Lyrik, genauer gesagt auf Elfchen, die an literarischer Qualität kaum zu überbieten sind.

Papiertuchdrehabrollsysteme

Schon bei Helge Schneider, also in der Sporthalle eines Gymnasiums, die Veranstaltungsort war, fiel mir ein Phänomen auf, dass mich wiederkehrend aufs Neue anwiedert.


Es gibt viele Möglichkeiten, einem Kunden das Abtrocknen der Hände auf öffentlichen Toiletten zu ermöglichen. Eine leider viel zu oft genutzte ist die der Papiertuchdrehabrollsysteme.

Man hat sich, nach erfolgreichem Toilettengang, gerade erst die Hände gewaschen, vielleicht sogar mit Seife, deren Verfügbarkeit längst nicht selbstverständlich ist, um dann in ein kleines Rädchen zu fassen, das vor Seifenresten (und anderen Resten, die ich mir lieber nicht vorstellen möchte) nur so strotzt. Ein Hoch auf die Hygiene!

In mühevoller Kleinstarbeit versuche ich gestern also in einem Kino die Papiertuchfitzelchen, die noch aus dem Spender hämisch grinsend herausluken, soweit herauszuarbeiten, dass ich das Tuch als gesamtes fassen und mir zu eigen machen kann.

Klappt nicht, Hände nass, Papier aufgeweicht, den Rest kann sich jeder denken.

Da sind mir selbst respektlose Angriffe auf den Energiehaushalt in Form von Handtrockengebläsen lieber. Und die hasse ich wie die Pest!


Ohne Worte (4)



Entdeckt in einem Partykeller in H.

Glücklich

Habe den Abend in äußerst netter Gesellschaft beim Halbfranzosen verbracht. Gutes (selbst gekochtes!) Essen, nette Gespräche und viele Gemeinsamkeiten begleiten mich in dieser Runde durch den Abend und die Nacht und einmal mehr wird mir der Wert von Freundschaft bewusst.


Das nächste Mal, wenn ich im Schlafanzug leicht angesäuert die Haustüre öffne, um vor selbiger den Schornsteinfeger vorzufinden, werde ich glücklich sein. Versprochen!

Nachruf

Einmal mehr verlässt uns ein Dorfbewohner. Kaum jemand kannte den geliebten Menschen nicht und das ist es, was den Tod hier besonders tragisch macht. Jeder bekommt es früher oder später mit, jeder beschäftigt sich und sehr viele vermissen.


Als ich heute gegenüber des Friedhofs spazieren gehe, sehe ich den orangfarbenen Bagger, der bereits morgens über den Friedhof fährt. Die Arbeiter heben so gut wie kein Grab aus, dessen Bestimmung sie nicht kennen. Fast immer verbindet diese Leute eine mehr oder weniger enge Beziehung zu den Toten. Nahezu verhöhnend strahlt die Sonne und der wolkenlose, strahlend blaue Himmel auf den Friedhof, der Wetterumschwung von gestern hat sich gehalten.

Sehr melancolisch und gedankenverloren fahre ich heute morgen in die große Stadt. Oft kommt mir ein Lied von Reinhard Mey in den Sinn, wenn ich über das Thema nachdenke, obwohl es vielleicht nicht gänzlich treffend zum Tod passt. Vielleicht aber zu meinen Gedanken.

Das Fell wird dünner und leerer der Becher
Der Zaubertrank wirkt nur noch schwer
Der Kummer ist tiefer, der Trost scheint schwächer
Und es heilt nicht alles mehr
Wo ist meine Sorglosigkeit geblieben,
Was machte Erkenntnis daraus?

Nur einen Augenblick noch mal das Bündel ablegen
Und mit arglosem Übermut
Durch dunkle Wege der Zuflucht entgegen
Und glauben können alles wird gut.
Manchmal wünscht ich die Dinge wärn so einfach geblieben
Und die Wege gingen nur geradeaus.

aus: Reinhard Mey - Viertel vor sieben

Kein Kommentar



Was ich heute alles unkommentiert ließ:


1. Die Akustikversion von "Friday I'm in Love" (The Cure).

2. Die Autoheizung, die immer länger braucht um warm zu werden.

3. Dass mein Handy in den unpassendsten Momenten klingelt.

4. Den nicht sehr vertrauenserweckenden Schriftzug "InfernoTours".

5. Den überraschenden Wetterumschwung.

6. Den brennenden Mülleimer am Bahnhof.

7. Den ersten Müllwühler der großen Stadt (zumindest für mich war es der erste.)

8. Dass man mir heute insgesamt drei mal die Vorfahrt nahm.


Und was lassen Sie, liebe Leser, unkommentiert?

Tücken

Vielleicht liegt es am Schnee, der den Zugang zum Dorf in den letzten Tagen erheblich erschwert, vielleicht aber auch an einer gewissen Winterträgheit im Dorf, die Lage jedenfalls ist ruhig. Es wird Zeit, dass der Schnee und das Glatteis vergehen, der Himmel aufreißt  und der Winterdienst kein schlechtes Gewissen aufgrund vereister Straßen mehr haben muss.


Auf der Straße begegnet man den Menschen fast nur noch, wenn sie gezwungen sind, Haus und Auto zu verlassen und das kommt, ehrlich gesagt, nicht gerade häufig vor. Selbst Spaziergänger sind nur noch selten anzutreffen, teilweise hauchen nur die Lichter der Nacht dem Dorf noch ein wenig Leben ein. Zumindest ist stark davon auszugehen, dass sich hinter beleuchteten Fenstern lebendige Wesen befinden und den nachmittags im Supermarkt erworbenen Aufschnitt verzehren.

Glücklicherweise gab es bisher in diesem Winter noch keine wirklich tragischen Unfälle, trotzdem musste ich dieser Tage tatenlos und durchaus mitfühlend erleben, wie die Gesetze der Physik ihres Amtes walteten.

Gerade hatte ich das Haus verlassen und trat auf die Straße, die an dieser Stelle etwas abflacht, als mit mäßiger Geschwindigkeit ein Auto die Straße von oben heruntergekrochen kam. Leider wandelte sich das Kriechen viel zu schnell in ein Rutschen, die Fahrerin verlor vollends die Kontrolle und krachte nach etwa 30 Metern in einen Schneehaufen, den der Winterdienst scheinbar für exakt diese Situation am Straßenrand platziert hatte.

Ich war bereits in Begriff, Beistand zu leisten und wenigstens durch meine Anwesenheit meine Verfügbarkeit darzustellen, als das Auto zunächst rückwärts, danach vorwärts, halb rutschend, halb rollend, seinen Weg fortsetzte. Die Scherben im Schneehaufen glänzten im Gegenlicht und ich mittels unnachahmlichem Fahrstil, der mich sicher durch die weiße Landschaft führte.

Wullewupp Kartoffelsupp

Helge Schneider live. Vor S. und mir sitzt eine Frau mittleren Alters, bekleidet mit modischen Damenstiefeln der Jahrtausendwende, deren Design auf rein praktischen Nutzen schließen lässt. In eben diesen steckt eine in verschiedenen Grautönen gestreifte Strumpfhose, die von einem knielangen, orangefarbenen Cordrock bedeckt wird. Der weiße, grob gestrickte Wollpullover und die eisern gegen den Teint der Frau arbeitende orange Brille, sowie die rotbraune Haarspange, die das perfekt geglättete Haar am Hinterkopf sammelt, runden das Bild der Familienmanagerin perfekt ab. Begleitet von ihrem Mann und einer Freundin sitzt sie erwartungsvoll mit Blick richtung Bühne da und lauscht viel zu offensichtlich jedem hinter ihr gesprochenen Wort.


Endlich kann sich sich in unser Gespräch einklinken, nachdem S. mich gefragt hat, warum ich kein Getränk an den Ordnern in den Saal geschmuggelt habe, zu Anfang des Einlasses habe man doch sowieso alle Leute, ob mit oder ohne Lebensmitteln, passieren lassen.

Frau: Also wir haben ja ein Plakat gekauft und die Flasche darin versteckt!
S.: Ja, ich glaube ich werde mir auch noch was besorgen und reinschmuggeln.
Frau: Ja, hier hat ja sowieso jeder was. Pause Das ist aber auch unglaublich gefährlich!                            überlegen Sie sich das doch mal, ernst ich könnte Ihnen jetzt ohne Probleme diese                        Flasche durchs Gesicht ziehen!

Einmal mehr habe ich einen Menschen aufgrund seines Äußeren ganz offensichtlich fatal unterschätzt.


Zeitungsfunde



Eigentlich in froher Erwartung auf nette, peinliche, geistreiche, weniger geistreiche oder einfach amüsante Valentinsgrüße schlage ich heute die Kleinanzeigenseite in der Zeitung auf und finde - nichts. Zumindest nichts bezüglich des Valentinstages. Einerseits enttäuscht, bin ich sogleich erleichtert und erfreut, dass dieser eher überflüssige und hochstilisierte Tag scheinbar keinen zu hohen Stellenwert im Bewusstsein der Allgemeinheit einnimmt.


Vielleicht lieben die Menschen aber auch nicht mehr.

Fundstücke aus der Zeitung gab es natürlich trotzdem diverse. 

Freitag der 13.

Ganz ohne Pessimismus erlebte ich heute den Alltag und ich muss sagen, kaum eine erwähnenswerte Besonderheit streifte mein klägliches Dasein im Allerweltsgrau. Entsprechend glücklich war ich, den Unglückstag bis zum Abend soweit glücklich hinter mich gebracht zu haben, als ich den fatalen Fehler beging, meine Backkünste auszuprobieren. Das Resultat ist kaum einer Erwähnung wert, der Weg dorthin einem Freitag dem 13. durchaus würdig und ich, ob meiner Backkünste, gedemütigt und frustriert.


Dem Fass schlug der witzige Witz des Radiomoderators Johannes Scherer bezüglich der Hessenwahl bezüglich des Landtags, bezüglich des Bundesvisionsongcontests und bezüglich seiner eigenen Person den Boden endgültig aus. Er konstruierte ein Nachnamenskonstrukt aus seinem Nachnamen und dem Nachnamen des SPD-Spitzenkandidaten mit dem Ergebnis "Scherer Gümbel". Ich habe nicht mal müde gelächelt.

Wer findet die meisten Wort- und Sinndopplungen in diesem Beitrag?

Hessische Arbeitgeber (1)

Ein sehr eigenes Völkchen wie das unsere zeichnet sich nicht nur durch für Außenstehende seltsam anmutende Traditionen, Gewohnheiten oder Verhaltensweisen aus, sondern auch durch einen ganz speziellen Stolz. Es ist schön, einer Gemeinschaft anzugehören. Man teilt vieles, man kann stolz auf eigene Leistungen sein und man entwickelt mit der Zeit Eigenheiten.


So gibt es für viele Regionen große und kleine, weit verbreitete und eher unbeachtete, letzten Endes aber die Region auszeichnende Biersorten. So auch in der großen Stadt. Wir haben unsere eigene Brauerei! Mit Gläsern, Bierdeckeln und eben allem, was so dazugehört.

Was ein ordentlicher, aufrichtiger Eingeborener ist, hält im Regelfall seiner Brauerei auch die Treue. Unter dem Pseudonym "Bärenbräu" in der Region bestens bekannt, trinken wir gerne unser herbes Kleinstadtbier.

Viel wichtiger allerdings ist die Tatsache, dass viele Arbeitskräfte der Region in den Hallen der Brauerei nicht nur ihr täglich Bier, sondern auch das entsprechende Brot verdienen. Leider wird es in Zeiten der Globalisierung immer schwerer für solche Firmen, ihr Überleben langfristig zu sichern. Es steht schlecht um den Konzern, daher hier mein offizieller Appell:

Trinkt mehr Bärenbräu!

Lawinengefahr

Wie bereits erwähnt neigt der gemeine Eigenheimbesitzer hierzulande mittlerweile stark zur Umstellung der Energieversorgung des eigenen Haushalts. Besonders neue Häuser, ganz im Stil der Jahrtausendwende, werden nach und nach mit Solaranlagen (Foto), Pelletheizungen, Erdwärme und Wärmedämmung ausgestattet. 


Nun verhält es sich allerdings so, dass sich diese sonst so nützlichen Utensilien immer öfter als Wolf im Schafspelz entpuppen. Bestes Beispiel hierfür sind die Solarzellen auf den optimalerweise in einem Winkel von 30° zur Sonne ausgerichteten Dächern. Erzeugen sie im Frühjahr, Sommer und Herbst elektrische Energie vom Feinsten, begehen sie im Winter Attentate auf ahnungslose Menschen, die sich in der Regel keiner Schuld bewusst sind.

Heute konnte man vor vielen Häusern wieder Schneehäufchen entdecken, die einem lawinenartigem Schneerutsch aus Richtung des Daches zuzuschreiben sind. Die Zellen sind einfach zu glatt, für den Schnee ist es ab einem gewissen Gewicht unmöglich, auf den Zellen zu haften. Der Leidtragende ist in der Regel der ahnungslose Briefträger, von dem man nun wirklich nicht verlangen kann, dass er sich jedes einzelne Haus mit Solaranlage merkt. Auch der Mieter hat seine liebe Not, seine Rauchterasse gehört zu den Hauptattraktionen der Lawinengefahr im Mittelgebirge Hessens.

Wirklich erheiternd an der ganzen Sache ist nur das Geräusch des vor das Haus plumpsenden Schnees.

Ohne Worte (3)


Entdeckt im Schaufenster der Buchandlung Baumann.

Nackedei

In der großen Stadt gibt es einen sehr guten Italiener, mit dessen Besitzer viele Einwohner unseres Dorfes ein warmes Band der Freundschaft verbindet. Schon aus Gründen der Loyalität, durchaus aber auch aus Gründen des Qualitätsanspruches, ist dieses Restaurant erste Wahl, wenn es um italienische Feinkost geht. Ein großer, oft angeprangerter Nachteil dieser Lokalität ist allerdings, dass das Liefern der Ware mangels Fahrer/Fahrzeuge/Anspruch nicht möglich ist. Also fahre ich heute in die große Stadt, um eine Bestellung bei erwähntem Italiener abzuholen. 


Auf dem letzten Abschnitt meines Weges zum Restaurant, den ich zu Fuß absolviere, öffnet sich plötzlich das Fenster einer Wohnung über der Spardafiliale. Ein junger Mann, Mitte zwanzig, erscheint mit entblößtem Oberkörper und fragt mich in einem dafür ganz sachlichem und nicht betrunken wirkendem Ton nach der Uhrzeit, die ich ihm gerne, wenn auch leicht verwirrt (immerhin fand das Gespräch über drei Stockwerke und in sibirischer Kälte statt) mitteile. 

Ich bin schon in Begriff, meinen Weg fortzusetzen, als sich die Situation dramatisch zuspitzt. Neben dem Jüngling im Adamskostüm erscheint eine Frau im gleichen Alter. Sie trägt ebenfalls ein vorsintflutliches Kleid: Das der biblischen Eva. Beide stehen also mindestens oberkörpernackt am Fenster und starren zu mir herunter. Die Frau entschuldigt sich dann noch für das "unsittliche Verhalten" ihres Freundes und beide verschwinden wieder in der Wohnung.

Dass den beiden nicht kalt geworden ist, verwunderte mich dann doch.

Skurriles

Wie aus vergangenen Posts hervorgeht, konzentriert sich das öffentliche Leben des Dorfes stark auf den Supermarkt, verbloggbare Alltagsgeschichten lassen sich hier am besten erleben. So auch heute. Ich stehe vor der Theke der hauseigenen Bäckerei, die von der einzigen anwesenden Angestellten möglichst zeitgleich mit der normalen Supermarktkasse besetzt ist. Entsprechend muss ich darauf warten, dass sie ihre Kunden an der Kasse bedient, bevor sie dann zu mir kommt und ihren Bäckereiposten bezieht. Glücklicherweise befinden wir uns hier auf dem Land, wir haben Zeit!


Diese Wartepause ermöglicht es mir allerdings, ein Gespräch über zwei Regale hinweg zu verfolgen, das zwischen, wie ich durch unauffälliges Ausspähen der Betroffenen herausfinde, Mutter und Tochter stattfindet. Mutter erscheint mir ein wenig adipös, Tochter ist meiner Einschätzung und ihrer Ausdrucksweise nach ein ABC-Schütze. Die Tochter hat sich soeben ein Heft ausgesucht, das sie zusätzlich zu ihrem Schokoriegel käuflich erwerben möchte. Daraus ergibt sich ein Gespräch, dass mich an den pädagogischen Fähigkeiten der Mutter einsam zweifeln lässt:

Mutter: Was gibt denn ein Euro plus  zwei Euro siebzig?
Tochter: Weiß ich doch nicht!
Mutter: Wenn du das nicht rechnen kannst, kannst du das auch nicht kaufen!
Tochter: Aber ich kann das noch nicht!
Mutter: Dann kannstes auch nicht kaufen!
Tochter: Euros und Cents sind nicht das selbe, das kann ich noch nicht!
Mutter: Doch, das ist genau das selbe!

Ich bin noch etwas unentschlossen, aber ich denke, ich unterstütze die These der Tochter.


Später sitze ich einmal mehr in bereits besagtem Schnellrestaurant. Der Herr gegenüber umgibt sich ganz gönnerhaft seiner eigenen Person gegenüber mit zwei Softeistüten. Was er offensichtlich nicht bemerkt, ist, dass seine komplette Wange mit eben jenem überzogen ist. An unserem Tisch wie auch den benachbarten sieht man immer mehr krampfhaft zusammengezogene Gesichter, die ein Lachen zu unterdrücken versuchen. Eine Tischtheorie besagt, dass das Eis langsam zu schmilzen beginnen müsste und somit das gesamte Gesicht des Mannes überströmen sollte. Tut es aber nicht. So kommen wir zu dem Schluss, dass es kein Eis, sondern Creme oder etwas Angeborenes sein müsse.

Als der Mann in sein Auto steigt, ist die Wange vom weißen Mysterium befreit, was unserer Meinung nach doch für einen Eisfleck spricht.

Dass die Italiener die Fertiggerichte erfunden haben, ist mir ebenfalls neu.

Abhüter

In ländlichen Gegenden kommt es nicht selten vor, dass man auf bis zu vier Generationen der selben Familie trifft. Und so kommt es, dass ich nach einem ausgiebigen Spaziergang meine Großeltern besuche, die, wie so oft, mit wunderbaren Anekdoten vergangener Dorftage auftrumpfen können.


Zugpferd und Motor der hiesigen Wirtschaft war vor allem die Arbeit der Landwirte, derer noch zwei standhaft und gegen die Zeit kämpfend übrig geblieben sind.

Hautnah darf ich Überbleibsel der ehemals so existenziellen Agrarwissenschaft bewundern, als ich einen Abstecher in die (noch) unzivilisierten Gegenden des Dorfes mache. Mittels Rindviecher abgehütete Wiesen und meterhohe Pferdeapfelhaufen zieren die Landschaft, ein Reh sucht fluchtartig das Weite, als es mich erspäht und der Elektrozaun meines Vertrauens hat offensichtlich den Geist aufgegeben. Hier, mitten im Nichts, dem Nevada Mittelhessens, fernab jeglichen Handyempfanges, steht plötzlich eine Kuh direkt vor mir. Eher selten mit solchen Situationen konfrontiert, merke ich, wie ein leicht flaues Gefühl in meiner Magengegend aufkommt und beschließe, mich so unauffällig wie möglich zu verhalten. 

Ich mache einen rießen Bogen um das Tier, dass mit dem Abhüten der Wiese beschäftigt ist, und hoffe inständig darauf, dass das Endprodukt der Verdauung noch etwas auf sich warten lässt. Ich habe Glück, entdecke auch keine Artgenossen des Widerkäuers mehr und mache nach 20 Minuten an der nächsten Wiese halt, um wenigstens überhaupt ein Foto von Kühen machen zu können.

Ausgehtipps (3)

Obwohl ich mich dunkel an helle Sommertage meiner Kindheit erinnere, die mir ein Eis am Stiel aus der hauseigenen Kühlbox bescherten, kann ich mittlerweile keinen Bezug mehr zwischen Kneipennamen und angebotener Dienstleistung herstellen.


Mit einem Café im eigentlichen Sinne des Wortes hat das "Bach Café" jedenfalls nicht mehr allzuviel zu tun. In meiner Kindheit vom privaten Eigenheim zu einer waschechten Dorfkneipe weiterentwickelt, ziert das "Bach Café" in mittlerweile strahlendem Gelb die Bachstraße, keine drei Gehminuten vom Dorfkern, also der Kirche, entfernt.

Das typische Klientel überschneidet sich, zumindest teilweise, mit dem der Sportheimkneipe. Der Altersdurchschnitt liegt auch hier wohl über 40 und kürzliche betrat ein mir unbekannter Mann um die 50 den Raum und rief noch mit dem Schließen der Tür: "'n Schoppe un 'n Kurze!", was so viel bedeutet wie "ein frisch gezapftes, wohltemperiertes Pils und einen Weinbrand, bitte!"

Also auch diese Einrichtung spricht nur einen sehr engen Kreis an potentiellen Kunden an, der diesen Vertrauensbeweis allerdings auch zu würdigen weiß. Das dörfliche Nachtleben bleibt damit aber für einen großen Teil der Bevölkerung mangels Alternativen im Dorf eher einseitig.

Trotzdem würde ich gerne mal wieder am Holztor stehen und ein Eis bestellen, wenn ich es mir recht überlege.

Ohne Worte (2)


Entdeckt im Brauhaus, über den Thekenplätzen.

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